Der Respirationstrakt

Der Respirationstrakt umfasst die Luftwege zwischen Außenluft und Alveolen. Man unterscheidet:

  • Äußere Atmung:

    - Aufnahme von Sauerstoff und Abgabe von Kohlendioxid
    - Die Atemwege dienen als Transportweg der Gase

  • Innere Atmung:

    - Der Gasaustausch in den Alveolen durch Diffusion

  • Ventilation:

    - bezeichnet die Belüftung

Atemwege

Obere Atemwege:

  • Nasenhöhle (10-14cm)
  • Pharynx
  • Larynx

Untere Atemwege:

  • Trachea
    Die Trachea ist ca. 10-12cm lang. Ihr Durchmesser beträgt ca. 2cm. Für ihre Stabilität sorgen 16-20 hufeisenförmige Knorpelspangen. In Höhe BWK 4-5 teilt sie sich in den linken und rechten Hauptbronchus. Der rechte Bronchus verläuft steiler nach unten als der linke.
  • Bronchialbaum
    • Proximaler Abschnitt: luftleitendes System (Totraumanteil)
      • Rechter / linker Hauptbronchus
      • Lappenbronchien
      • Segmentbronchien
      • Bronchiolen
      • Terminale Bronchiolen (Endverzweigungen der Bronchien
    • Distaler Abschnitt: Gasaustausch
      • Abgänge der Bronchioli respiratori bilden die Alveolen
      • Die Gasaustauschfläche beträgt bis zu 140m²!

Mukozilliare Clearance

  • Wichtigster Reinigungsmechanismus der proximalen Bronchien
  • Täglich werden ca. 10ml Bronchialsekret gebildet (95% Wasser, 2% Proteine).
  • Ziliendeckende Schleimschicht zweischichtig aufgebaut:
    • 1. Flüssige Sollschicht
    • 2. Gelschicht (Fremdpartikel bleiben daran haften)
    Ein ausreichender Flüssigkeitsgehalt ist zwingend in der Sollschicht erforderlich! (Beweglichkeit der Flimmerepithel)

Negative Einflüsse auf die M. Clearance haben z.B.:

  • Toxische Gase (Rauchen!)
  • Pharmaka (Atropin, Beta-Blocker)
  • Mikroorganismen (Pseudomanaden, Strepptokoccus Pneumoniae, Hämophilus Influenza: hemmen das Flimmerepithel)
  • Hohe Sauerstoffapplikationen sowie Mediatoren hemmen die Mukozilliare Clearence.

Positive Einflüsse auf die M. Clearance haben z.B.:

  • Beta Sympathomimetika (Theophyllin) und Cortison (Membranstabilisator)

Die Alveolen und das Surfactant

Der Surfactant wird auch als Anti-Atelektase-Faktor bezeichnet. Hierbei handelt es sich um ein Phosphorlipid, welches die Alveolen auskleidet.

Die Dichte der Moleküle ist vom Atemzyklus abhängig.

  • Inspiration:Aufgrund der Vergrößerung nimmt die Dichte ab.
  • Exspiration: Infolge der Verkleinerung derAlveole nimmt die Dichte zu

Somit ist der Surfactant ein wesentlicher Faktor für die Stabilisierung der Alveole.

Klinische Effekte des Surfactant-Systems

  • Herabsetzung der Oberflächenspannung
  • Stabilisierung der Alveolen und der kleinen Atemwege "Surfactant keeps the lung open"
  • Regulation des Flüssigkeitsaustausches zwischen Lungenkapillaren
    "Surfactant keeps the lung dry"
  • Unterstützung der Mukozilliaren Clearance
    "Surfactant helps to keep the lung clean"

Statische Lungenvolumina

Folgende Lungenvolumina werden unterschieden:
  • IRV:
    Inspiratorisches Reservevolumen. Darunter wird dasjenige Volumen verstanden, welches nach ruhiger Inspiration zusätzlich eingeatmet werden kann (etwa 2,5 - 3 Liter).
  • AZV:
    Atemzugvolumen, entspricht 6-7 ml/kg KG, ca. 0,4-0,6 L.
  • ERV:
    Exspiratorisches Reservevolumen. Bezeichnet das Volumen, welches nach normaler Exspiration zusätzlich ausgeatmet werden kann (ca. 1-1,5L.)
  • RV:
    Residualvolumen, bezeichnet das Volumen, welches nach maximaler Exspiration noch in der Lunge verbleibt. Sogenanntes nichtmobilisierbares Volumen (ca. 1,5-2 L).
  • FRC:
    Funktionale Residualkapazität. Das Volumen, welches sich am Ende einer ruhigen Ausatmung noch in der Lunge befindet. Ca. 2,5-3,0 L.bzw. 40ml kg/KG.

    FRC = RV + ERV

    Das FRC ist definiert als Gasvolumen, welches bei Atemruhelage in der Lunge verbleibt und kann als Maß für die Gasaustauschfläche gesehen angesehen werden.

    Obstruktive Ventilationsstörungen führen zu einer Zunahme der FRC.

    Restriktive Ventilationsstörungen führen zu einer Abnahme der FRC.

    • Vitalkapazität VC:
      Summe aus: IRV + AZV + ERV.
      Normwert: 4,5 - 5L, entspricht 65-75 ml kg/KG)
    • TLC: Totale Lungenkapazität = Summe aus allen.

Compliance und Resistance

Die Compliance bezeichnet die Dehnbarkeit von Lunge und Thorax.

Die Resistance beschreibt die Beziehung zwischen Druck und Strömungsgeschwindigkeit. Das heißt, die Resistance ist das Maß des Widerstandes gegen die Luftströmung in der Lunge.

Ursachen für eine Erhöhung der Resistance:

  • Asthma
  • Lungenemphysem
  • Bronchialsekret
  • Pneumonie

Das Kompartmentmodell der Lunge

Als Lungenkompartimente werden Lungenareale zusammengefasst, welche dieselben atemmechanischen Eigenschaften (R & C) aufweisen. Die Zeitkonstante ist ein Maß für die Füll- bzw. Entleerungsgeschwindigkeit eines Lungenkompartiments.

Resistance und Compliance reichen nicht aus, um mechanische Vorgänge in der Lunge zu beschreiben, denn man kann sie nicht getrennt voneinander betrachten.

In der Lunge gibt es verschiedene Bereiche, die verschiedene Atemwegswiderstände und Dehnungsfähigkeiten aufweisen. Diese Bereiche werden als Kompartimente bezeichnet.

In der groben Aufteilung gibt es Bereiche mit:

  • hoher Compliance und hoher Resistance,
  • hoher Compliance und niedriger Resistance,
  • niedriger Compliance und hoher Resistance,
  • niedriger Compliance und niedriger Resistance.
Nimmt man noch einen Zeitfaktor hinzunimmt, die sogenannte Zeitkonstante, die die Geschwindigkeit beschreibt, mit der sich die die unterschiedlichen Bereiche mit Luft füllen können, kann man aus den vier Bereichen vereinfacht zwei Bereiche machen:
  • schnelle Kompartimente mit kleiner Zeitkonstante ("schnelle" Alveolen),
  • langsame Kompartimente mit großer Zeitkonstante ("langsame" Alveolen)

Bedingt durch die unterschiedlichen Kompartimente mit verschiedenen Zeitkonstanten kommt es während der "No-Flow"-Phase zu "Pendelluft":

Die Luft fließt aus Bereichen schneller Kompartimente zu Bereichen langsamer Kompartimente.

Es entsteht das sogenannte "Air trapping".

Dieses "Air trapping" lässt sich vermeiden durch Vermeidung einer "No-Flow-Phase".

Durch einen verringerten Flow mit niedrigem Druck kommt es zu einer gleichmäßigen Verteilung der Inspirationsluft und somit zu einer gleichmäßigen Belüftung von Kompartimenten mit unterschiedlichen Zeitkonstanten.

Atemregulation

Die Steuerung erfolgt über das Atemzentrum, welches in der Medulla Oblongata lokalisiert ist.

Das Atemzentrum erhält Impulse von:

  • Hirnrinde,
  • Dehnungsrezeptoren der Lunge,
  • Atemmuskulatur und Thoraxwand,
  • Chemorezeptoren

Die Aufgabe der Atemregulation ist es, die Ventilation den jeweiligen metabolischen Bedürfnissen anzupassen, um eine weitgehende Konstanz der Zielgrößen PaO², PaCO² und pH zu gewährleisten.

Dabei werden das Atemzugvolumen und die Atemfrequenz derart aufeinander abgestimmt, dass die für eine bestimmte Stoffwechselsituation erforderliche Ventilation mit einem minimalen energetischen Aufwand zur Verfügung gestellt wird.

Eine Erhöhung des peripheren Sauerstoffbedarfs führt zu einer Steigerung der Ventilation und damit zu einer erhöhten Sauerstoffaufnahme.

Steuerung über Chemorezeptoren

Periphere Chemorezeptoren befinden sich im Aortenbogen und an der Teilungsstelle der Arteria Carotis Communis.

Periphere Chemorezeptoren werden stimuliert durch:

  • Abfall des arteriellen PaO² (= hypoxische Atemstimulation),
  • Anstieg des arteriellen PaCO²,
  • Abfall des pH-Wertes im Blut

Erst ein pO²-Abfall < 60mmHG führt zu einer Steigerung der Atmung, da die hypoxiebedingte Hyperventilation mit Abfall des pCO² den Atemantrieb vermindert.

Die wichtigsten Werte einer BGA:

  • pH: 7,37 - 7,44 mmHg
  • pO2: 85 - 105 mmHg
  • pCO2: 31 - 44 mmHg,
  • sO2: 95 - 98%

Zentrale Chemorezeptoren sind in der Medulla Oblongata am Boden des IV. Ventrikels lokalisiert.

Zentrale Chemorezeptoren werden stimuliert durch:

  • Anstieg es arteriellen PaCO² (= hyperkapnische Atemstimulation),
  • Abfall des pH-Wertes des Liquor

Die wichtigsten Regelgröße in der Atemstimulation ist der PaCO²

Ein Beispiel für die Steuerung über Chemorezeptoren und deren Auswirkungen bei krankhaften Veränderungen

Beim COPD-Patienten ist infolge der chronisch erhöhten des im arteriellen Blut gelösten Kohlendioxid (PaCO²) die Empfindlichkeit der Chemorezeptoren gegenüber dem PaCO² vermindert.

Die Atemregulation über den PaCO² bleibt jedoch auch bei chronischer Hyperkapnie erhalten, allerdings auf einem deutlich höheren PaCO²-Niveau. Die Steuerung des Atemantriebs erfolgt ebenso über den PaO².

Eine hohe inspiratorische O²-Konzentration kann durch Hemmung des Atemantriebs eine Hypoventilation auslösen!

Weitere Einflussgrößen auf die Atmung

Schmerzreize, Stress und Angst, Formen psychischer Erregung führen zu einer Hyperventilation.

Ein "hang over" von Opiaten kann eine lebensbedrohliche Atemdepression zur Folge haben!

Der Atemantrieb wird ebenfalls durch Wärme-/Kältereize sowie durch die Körpertemperatur beeinflusst.

Sowohl eine Erhöhung der Körpertemperatur (Fieber, Hyperthermie) als auch ein Absinken (Hypothermie) haben eine Stimmulierung der Atmung zur Folge.

Hormone wie Adrenalin, Thyroxin sowie das weibliche Sexualhormon Progesteron führen zu einer Stimmulierung des Atemzentrums.

Totraumventilation

Unter Totraum versteht man den Teil des respiratorischen Systems, der nicht am Gasaustausch teilnimmt.

Der Anatomische Totraum umfasst:

  • Nasen-Rachen-Raum
  • Trachea
  • Bronchien
  • Bronchiolen

Das Totraumvolumen entspricht etwa 150-200ml, ca. 2ml/Kilogramm Körpergewicht.

Berechnungsbeispiel

Es gilt:
AZV = Vt= Va + Vd
Totraum-Volumen = Vd = Vt - Va
Alveoläres Volumen = Va = Vt - Vd
Beispiel 1:
Sei Vt = 500ml; AF = 12/min; Vd = 150
AMV = Vt * AF= 500ml x 12= 6000ml/min
Va ml/Min = 350 ml/min * AF= 350 ml/min x 12= 4200ml/min (alveoläres Volumen)
Vd ml/Min = 150 ml/min * AF= 150 ml/min x 12= 1800ml/min
Beispiel 2:
Sei Vt = 300ml; AF = 20/min; Vd = 150
AMV = Vt ml/min x AF= 300 ml/min x 20= 6000 ml/min
Va ml/min = 150ml/min x AF= 150 ml/min x 20= 3000 ml/min
Vd ml/min = 350ml/min x AF= 150 ml/min x 20= 3000 ml/min
Interpretation: In beiden Beispielen wird ein AMV von 6000 ml erreicht. Dennoch ist das alveolare Minutenvolumen, welche am eigentlichen Gasaustausch teilnimmt, in Beispiel 2 deutlich zu gering.